Pro Musica entdeckt musikalisches Neuland

George Perles jüngstes Tonwerk “Songs of Praise and Lamentation” (1974) ist dem Andenken von Noah Greenberg. dem Gründer der New Yorker “Pro Musica” gewidmet. Die Uraufführung dieses anspruchsvollen Musikwerkes fand dieser Tage in der Carnegie Hall unter Stabführung von Michael Hammond statt. Wie bekannt, galt Noah Greenbergs musikalisches Hauptinteresse Jahrzehntelang der Wiederbelebung von mittelalterlicher und Renaissance-Musik.
Der dritte, abschließende Teil der “Songs of Praise and Lamentation” stand denn auch in strukturell-kreativem Zusammenhang mit den Klageliedern der Renaissance-Komponisten Binchoia, Ockeghem und Josquin. AuЯer den Klageliedern erklingt im Finale eine düster-schwermütige Gregorianische Melodie (“Timor mortis conturbat me”). Um der musikalischen Atmosphäre der Epoche gerecht zu werden, ist Perle in seiner Komposition auch auf die Wirkung von drei Renaissance-Instrumenten bedacht.
Der Dessoff-Chor und Concordia-Chor, die am Konzert teilnahmen, schalteten sich in das musikalische Gefüge dieser transzendental ausgerichteten Komposition ein.
Die sechs Solisten (Jeffrey Gall, Alan Baker, David Smith, Arthur Burrows, Joan Fuerstman und Christine Whittesley) waren ihrer komplizierten Aufgabe durchaus gewachsen.
In musikalisch-stilistischer Hinsicht ist das neue Musikwerk allzu vielschichtig und uneinheitlich. Im ersten Teil, der auf dem 18. Bibelpsalm und Elementen jüdischer Liturgie beruht, ist die Musik durchaus modern und erinnert zuweilen an manche Werke Stravinskys. Das Mystisch-Transzendente steigert sich in solchem Maße, daß die musikalische Formgebung schließlich in Assonanz mündet.

[N.Y. Staats-Zeitung u. Herold, Mar. 5, 1975. p.5]

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